Kapitel 1
Einleitung
Der Jahresbericht steht auch als PDF-Version zur Verfügung. Die Versionen unterscheiden sich lediglich in Layout und Bildauswahl.
Das Jahr 2022 begann am 24. Februar. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine erschüttert uns jeden Tag in seiner Brutalität. Der Krieg in Europa zeigt uns, wie zentral der Schutz der Grund- und Menschenrechte ist, wie wichtig eine aktive und kritische Zivilgesellschaft ist und wie existentiell die Gestaltung einer nachhaltigeren Gegenwart und Zukunft für uns alle ist.
In Krisenzeiten fallen politische Bekenntnisse zu Transparenz, Offenheit, Rechenschaft und Einbindung von Zivilgesellschaft schnell unter den Tisch. Zu drängend erscheinen andere Fragen der Zeitenwende, zu bedrohlich die Feinde von außen, zu wichtig die „großen“ Akteur:innen aus der Wirtschaft. Die Zivilgesellschaft soll sich bitte hintenanstellen. Viele Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag der Ampel sind daher bislang Lippenbekenntnisse geblieben. Für ein Transparenzgesetz des Bundes liegen noch nicht einmal die Eckpunkte vor. Bei der Erarbeitung der Digitalstrategie der Bundesregierung wurde der Einbezug der Zivilgesellschaft schlicht vergessen. An der verschlüsselten Kommunikation und der Absage an biometrischer Überwachung im öffentlichen Raum wird kräftig gerüttelt. Aus der anfänglichen Ampeleuphorie ist Ernüchterung geworden.
Für die Open Knowledge Foundation war es daher in diesem Jahr besonders wichtig, für Offenheit und Nachhaltigkeit einzutreten. Transparenz und Offenheit der Regierungsführung ist der Boden, auf dem Vertrauen gedeiht – Vertrauen in die Regelungskompetenz, Weitsicht und Gemeinwohlorientierung staatlicher Akteur:innen, die gerade in Krisenzeiten so wichtig sind. Demokratie ist eben nicht nur gegen die Feinde von außen zu verteidigen, sondern muss auch im Innern gelebt und ständig weiterentwickelt werden. In einem offenen Koalitionstracker dokumentieren wir bereits seit Anfang 2022 die Fortschritte der Ampelregierung. Für ein wirklich progressives Transparenzgesetz haben wir zusammen mit einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis einen eigenen Gesetzentwurf veröffentlicht. Mit einem neuen Projekt zum Thema Open Data gehen wir dieses zentrale Anliegen von uns nun endlich mit verstärkten Ressourcen an, um praktisches Wissen gerade in Ländern und Kommunen breiter zu verankern. Im Bündnis F5 (AlgorithmWatch, Gesellschaft für Freiheitsrechte, Reporter ohne Grenzen, Wikimedia Deutschland, OKF) haben wir 2022 mit unseren parlamentarischen Frühstücken im Bundestag losgelegt und können nach vier Terminen sagen, dass sich die Idee der Bündelung von Expertise und Kapazität rasant schnell als erfolgreich erwiesen und sich das Bündnis als neue Akteur:in der digitalen Zivilgesellschaft bereits einen Namen gemacht hat. Als eine von dreizehn Trägerorganisationen haben wir die Bits & Bäume-Konferenz im Herbst 2022 mitveranstaltet. Die Konferenz mit über 2.500 Teilnehmenden hat uns nicht nur emotional überwältigt, sondern es geschafft, die großen und strukturellen Fragen unserer nachhaltigen Zukunft konsequent in den Fokus zu rücken, anstatt die Debatte auf individuelle Verhaltensänderungen zu reduzieren.
2022 haben wir erstmals mit Jugendlichen nicht nur gecodet, gehackt und gelötet, sondern auch mit ihnen über gesellschaftspolitische Fragen der digitalen Transformation und Gelingensbedingungen guter digitaler Bildung diskutiert. Unsere Jugendkonferenz „Beyond Code“ hat uns gezeigt, dass Jugendliche viele gute Ideen haben und noch viel zu wenig an Diskursen beteiligt werden. Das Alpaka war natürlich auch mit dabei. Bei Jugend hackt wurden 2022 auch wieder einige neue Labs eröffnet, sodass wir jetzt in zwölf Bundesländern regelmäßige Angebote haben. Wir haben viel Zeit und Energie in den Aufbau unseres dezentralen Lab-Netzwerkes gesteckt und werden dies weiterhin tun. Für uns ist das Infrastruktur für Jugendliche, die auf Dauer angelegt ist.
Die OKF wächst weiter und zählt nun 34 Teammitglieder. Es gibt einige neue Babys im Büro. Auch Hunde sind willkommen. Wir sind dankbar für das Engagement von vielen Ehrenamtlichen in diversen Communitys, ohne die unsere Erfolge der letzten Jahre nicht möglich gewesen wären. Unsere vielen Spender:innen wiederum machen unsere Arbeit mit kleinen und großen Beiträgen erst möglich. Wir sind unglaublich dankbar für die gute Zusammenarbeit und breite Unterstützung und nehmen beides als Ansporn, unsere Themen weiterhin mit Herzblut und Leidenschaft zu verfolgen.
Viel Spaß beim Lesen unseres Jahresberichts wünscht
Der Vorstand Kristina Klein, Gabriele C. Klug, Lea Gimpel, Felix Reda, Daniel Dietrich, Stefan Heumann